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Weihnachtsgeschichte Mein geliebter Kachelofen

Geschichteneinzel

Mein geliebter Kachelofen
Vom Lieblingsplatz meines Elternhauses aus kann ich sowohl die Strasse als auch den Hauseingang genau beobachten. Das finde ich besonders in der Adventszeit praktisch, denn so kann ich immer genau sehen, wann unsere Postfrau kommt. Dabei interessiert mich vor allem, ob sie einen kleinen gelblichen Zettel in Postkartengröße dabei hat.
Da, ich sehe sie. Jetzt kommt sie die Strasse entlang gelaufen und ... ja, sie bleibt vor unserem Gartentürchen stehen und kramt in ihrer großen gelben Posttasche.
Was aber hat sie in der Hand? Mist, ich kann nur Zeitungen erkennen. Sind auch Briefe dabei? Oder - noch besser - Karten?
Unsere Postfrau betritt das Grundstück und geht auf mein Elternhaus zu. Sie öffnet die Tür unserer schönen Holzveranda und legt Briefe und Zeitungen auf den großen runden Holztisch, der in der Mitte steht.
Sofort, nachdem sie weg ist, springe ich von unserem Kachelofen, der in der Stube steht und zu meinem absoluten Lieblingsplatz erklärt wurde, und laufe in die Veranda.
Oh ja, da ist sie! Die Karte, die das erste Paket aus dem Westen ankündigt. Wir können es in der Post abholen. Von wem wird es wohl sein? Ich bin extrem neugierig, aber es ist halb zwei und unsere Post macht erst um 15 Uhr wieder auf.
Hmm, was mache ich nun noch so lange, um mir die Zeit und damit meine Ungeduld zu vertreiben?
Da fällt mir ein, dass am vergangenen Samstag, als wir den kompletten Weihnachtsschmuck vom Dachboden des Hauses holten, eine Silberkugel entzwei gebrochen war. Welch ein Unglück, denn ein Nachkauf ist ein Ding der Unmöglichkeit. Kugeln sind hier in der DDR kaum erhältlich. Ich hole die kaputten Scherben und betrachte sie - nein, da ist nichts mehr zu machen. Das Material ist viel zu dünn, um sie wieder zu kleben. Aber wegwerfen kommt nicht in Frage. Das Material ist viel zu kostbar. In diesem Moment fällt mir ein, dass wir gerade im Religionsunterricht der Kirche Adventsschmuck basteln. Könnte ich nicht diese Scherben zerkleinern und auf Karten so aufstreuen und festkleben, dass sie halten? Das müsste gehen, aber womit zerkleinere ich die Scherben? Ich drücke mit dem Daumen darauf und die Scherbe zerbricht. Autsch! Nein, so geht das nicht. Damit mache ich mir meine Finger kaputt. Ich brauche irgendein Werkzeug. Einen Hammer? Nein, der ist zu wuchtig. Ich denke, ich werde einfach mal in die Werkstatt gehen und mich dort umsehen. Ja, das ist eine gute Idee. Ich gehe von der Veranda durch den etwas dunkleren Flur und von da in die Küche. Hier liegt schon alles parat für das Plätzchen backen, welches meine Mutti und ich für den Nachmittag eingeplant hatten. Mein Blick bleibt am Nudelholz hängen. Ja, na klar! Das ist die Lösung!
Ich lege die Scherben der Kugel auf die Arbeitsplatte und rolle das Nudelholz vorsichtig darüber. Ohje, das war doch keine so gute Idee, denn feine Splitter bleiben im weichen Holz stecken und andere springen quer durch die Küche. „Was machst denn du da?“, ertönt ein tiefer Bass und mein Bruder steht kopfschüttelnd in der Tür. „Naja, ich wollte ... die Reste der Kugel ... damit ich Weihnachtskarten basteln kann.“, stammele ich erschrocken. „Aber mit dem Nudelholz geht das nicht, weil die Splitter sich in der ganzen Küche verteilen.“, füge ich nun etwas gefasster hinzu. „Lege ein Stück Zeitung über die Scherben und rolle dann mit dem Holz drüber.“, grummelt er. „Ist doch ganz einfach und logisch.“ Sprichts und verschwindet schon wieder.
Ja na klar! So einfach ist das! Ein Hoch auf meinem Bruder. „Danke für den Tipp.“, rufe ich ihm hinterher.
Zehn Minuten später hatte ich ganz feine Splitter, die munter im Licht glitzerten. Ich kann mich gar nicht satt sehen. Das werden in diesem Jahr besonders schöne Karten werden, denke ich. Ich tüte meine Kostbarkeiten in Briefumschläge und lege sie in mein Zimmer, welches ich mir mit meinen Schwestern teile.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es zwanzig Minuten vor drei Uhr ist. Eigentlich noch genug Zeit, aber wenn ich ganz langsam gehe ... Also los!
Nehme ich mein Fahrrad mit? Oder den Ziehwagen? Wie groß wird das Paket sein? Meistens klappt es mit meinem roten Fahrrad ganz gut, aber ich entscheide mich für den Ziehwagen.
Ich ziehe mich an und öffne den Schuppen, um den Ziehwagen rauszuholen. Ich wähle den Gartenweg, um zur Post zu gehen und als ich beim Gartentürchen ankomme fällt mir ein, dass ich vor lauter Aufregung und Freude den Paketabholschein vergessen habe. Also nochmals zurück zur Hintereingangstür, Schuhe ausziehen, damit nichts schmutzig wird und die gelbe Karte geschnappt, die neben der Spüle liegt.
Jetzt aber geschwind, denke ich. Ich gehe den Weg, der zwischen den Gärten entlang führt und grüße lächelnd die Nachbarn, denen ich begegne. Was sie wohl denken mögen, warum ich den Ziehwagen dabei habe? Quer durch die Stadt mit den engen Bürgersteigen und der holprigen Strasse schlängele ich mich hindurch. Unsere Post befindet sich am westlichen Ende der Stadt in einem großen alten Gebäude. Die schwere dunkle doppelflügelige Eichentür ist noch geschlossen. So stehe ich vor dem Haus und warte, bis es drei Uhr ist. Meinen Ziehwagen parke ich eng an der Hausmauer. Gegenüber der Post befindet sich unsere wunderbare Kirche. Vor ihrem Eingangsportal stehen knorrige alte Bäume. In einem Baum hatte mal vor vielen Jahren ein Blitz eingeschlagen. Ich liebe unsere Kirche und freue mich schon jetzt auf die Mitternachtsmesse am Heiligen Abend. Ein Geräusch schreckt mich auf und ich sehe, wie die schweren Vorhänge, die sich zwischen Außentür und Innenraum befinden, von Frau Havemann beiseite geschoben werden. Nun schließt sie die Tür mit ihrem großen Schlüssel auf. Der ist ja fast größer als der Kirchenschlüssel, staune ich.
„Guten Tag“, grüße ich und stelle mich vor der Paketausgabe hin. Etwas grimmig schaut mich ein Mann an, welcher hinter dem Briefmarkenschalter sitzt. Ich kenne ihn nicht und freue mich, dass Frau Havemann nun die Paketausgabe öffnet. „Was haben wir denn da?“, fragt sie mich freundlich und ich reiche ihr den Schein. „Ich schaue gleich nach und hole dir euer Paket.“, sagt sie und verschwindet im großen Hinterraum. Ich höre sie rascheln und stöhnen ... das klingt aber nach einem großen Paket, denke ich voller Vorfreude. Plötzlich steht sie vor mir und ich schaue verdutzt auf das kleine Päckchen, welches sie mir reicht. Na toll, denke ich enttäuscht und ich komme extra mit dem Ziehwagen her. Das hätte ich mir sparen können. „Dankeschön“, sage ich artig und schaue auf den Absender. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Das Päckchen ist nicht an meine Familie, sondern nur an mich adressiert. Es ist von Tante Erna aus Bayern und - obwohl ich Tante Erna nicht persönlich kenne - ist sie meine Lieblingstante. Ich freue mich und halte das Päckchen wie einen kostbaren Schatz. Als ich hochblicke steht Frau Havemann vor mir und stellt schnaufend ein Riesenpaket vor meinen Füßen ab. „Na? Meinst du, dass du das allein nach Hause kriegst?“, fragt sie lachend. „Aber klar doch!“, erwidere ich „Ich habe doch meinen Ziehwagen dabei.“


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