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Weihnachtsgeschichte Als Weihnachten verboten war

Geschichteneinzel

Als Weihnachten verboten war
In meiner Kindheit in Lettland konnten wir Weihnachten nur   heimlich feiern. Ich war ein kleines Mädchen und wusste, dass   man in der Schule nichts darüber erzählen durfte, was wir zu   Hause redeten oder taten. Wir waren Russlanddeutsche, und wir   waren Christen – das waren zwei Gründe, warum damals das Leben   in der Sowjetunion für uns nicht leicht war.

Ein   großes Problem in Bezug auf Weihnachten war es damals, einen   Weihnachtsbaum zu beschaffen. Schon das Wort „Weihnachtsbaum”   war abgeschafft worden, es gab nur Neujahrsbäume, und die konnte   man erst nach Weihnachten kaufen. Auf eigene Faust einen Baum   aus dem Wald zu holen, war verboten und stand unter Strafe,   daran erinnerten die Zeitungen jedes Jahr etwa um Mitte   Dezember. Und doch zog unser Opa jedes Jahr kurz vor Weihnachten   an einem dunklen Abend mit dem Beil in der Hand los in Richtung   Wald. Dieser war nicht weit von unserem Haus, aber trotzdem   dauerte es für mich eine halbe Ewigkeit, bis ich ihn vor der   Haustür seine Stiefel abklopfen hörte.

Dann schob er einen Tannenbaum herein, der nach Wald duftete,   nach Winter und Weite. Bevor wir ihn ins Zimmer brachten, zogen   wir die Gardinen zu, damit man ihn von draußen nicht sehen   konnte. Einen Tag musste der Baum im Zimmer trocknen, dann   holten wir vom Dachboden die Kiste mit Weihnachtssachen und   schmückten alle zusammen den Baum.

Endlich kam der 24. Dezember, der schönste Tag im ganzen Jahr.   Unsere Eltern mussten zur Arbeit, wir Kinder – zur Schule, und   doch spürten wir in allem, was wir taten, schon das große   Geheimnis und auch eine Ahnung davon, was uns der Abend noch   bescheren würde. Nach dem Abendessen zogen wir unsere   Sonntagskleider an und gingen zu einem geheimen Gottesdienst,   der bei einer anderen deutschen Familie stattfand. Dort sangen   wir viel, und nach der Predigt sagten wir Kinder unsere Gedichte   auf, die wir zu Weihnachten gelernt hatten. Jedes Kind bekam als   Geschenk ein kleines Päckchen mit Süßigkeiten, und weil wir   damals nur selten Süßes bekamen, versuchte jeder, mit dem Inhalt   seines Päckchens sparsam umzugehen, damit man sich länger daran   freuen konnte. Zum Schluss wünschten wir allen fröhliche   Weihnachten und gingen nach Hause.

Meistens hatte es zu Weihnachten geschneit. Wenn wir so durch   den Schnee stapften und die Sterne am Himmel so wunderbar   funkelten, schien es mir, dass auch dort oben Weihnachten   gefeiert wird, und dass wir die Lichter von einem unendlich   großen Weihnachtsbaum sehen. Und die Engel im Himmel, dachte   ich, die freuen sich jetzt genauso über die Geburt Jesu wie wir!   Über die ganze Welt breitete sich ein riesiges, unfassbares   Geheimnis, welches die Menschen um uns herum größtenteils nicht   bemerkten, aber wir – wir kannten es! Das war so unbegreiflich   und wunderbar!

Damals, als Jesus geboren wurde, war es doch ganz ähnlich: Die   meisten Menschen wussten nichts davon. Weder die Mächtigen und   Reichen, noch die Berühmten und Angesehenen, nicht einmal die   ganz alltäglichen Menschen erfuhren etwas davon. Nur die Hirten,   mit denen niemand etwas zu tun haban wollte, denen verkündeten   die Engel die frohe Nachricht. Auch wir gehörten in Lettland   nicht zu den Mächtigen und Reichen, auch nicht zu den Berühmten   und Angesehenen, nicht einmal zu den ganz normalen Leuten, auch   uns ging man vielfach lieber aus dem Weg. Wenn uns am Heiligen   Abend auf unserem Weg durch den Schnee plötzlich die Engel   erschienen wären wie damals den Hirten, ich hätte mich nicht   darüber gewundert, und ich hätte bestimmt von ganzem Herzen   mitgesungen! Aber ich begriff, dass die Engel uns das nicht mehr   zu verkünden brauchten, weil wir es ja schon wussten.

Zu Hause setzten wir uns um den Weihnachtsbaum, zündeten die   Kerzen an, Opa las uns nocheinmal das Weihnachtsevangelium vor,   wir sangen Lieder und sagten nochmal unsere Gedichte auf. Dann   kam der spannendste Augenblick des ganzen Abends: Das Tuch, das   unter dem Weihnachtsbaum die Geschenke bedeckte, wurde   weggezogen, und alle Geschenke lagen offen vor uns! Jeder   versuchte zu erraten, welches denn für ihn bestimmt sein könnte,   bis dann jeder, vom Kleinsten bis zum Größten, sein Geschenk   überreicht bekam. War das ein Durcheinander, ein Ah! und Oh!,   bis jeder sein Geschenk allen gezeigt hatte und auch die   Geschenke der anderen bewundert hatte. Danach wurde es   gemütlich, wir naschten Plätzchen und Süßigkeiten, die auf dem   Tisch standen und mit denen wir schon die ganze Zeit   geliebäugelt hatten. Dann fingen wir nochmal an zu singen – ein   Weihnachtslied nach dem anderen, bis dann meistens gegen   Mitternacht jemand anmahnte, dass doch morgen wieder alle früh   aufstehen mussten.

Am nächsten Tag gingen die Erwachsenen wieder zur Arbeit, wir   Kinder – zur Schule, und doch war es kein Tag wie alle anderen.   Wir fühlten uns mit allen Menschen überall auf der Welt   verbunden, die das riesige, wunderbare Geheimnis auch kannten!   Wir wussten: Wenn wir nach Hause kommen, werden wieder die   Kerzen am Baum brennen, wir werden Plätzchen essen und fröhlich   davon singen, dass Jesus für uns geboren ist. Ich war so   glücklich, dass ich dieses Geheimnis kannte!
Natürlich stellte ich mir vor, wie wunderschön es sein musste,   wenn man an Weihnachten nicht zur Schule oder zur Arbeit musste   – das wäre doch traumhaft! Vor bald 40 Jahren sind wir aus   Lettland nach Deutschland gezogen, wo Weihnachten dann für alle,   aber auch wirklich alle ein Feiertag war. Aber wenn ich ganz   ehrlich bin, dann war Weihnachten für mich nie wieder so schön,   so wunderbar und geheimnisvoll wie damals, als Weihnachten   verboten war.

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